Alkoholabhängigkeit, oftmals auch als Alkoholismus oder Alkoholsucht bezeichnet, ist keine Willens- oder Charakterschwäche, sondern eine schwere Erkrankung. Denn ein zu hoher und anhaltender Konsum von Alkohol kann seelisch und körperlich abhängig machen. Betroffene können ihren Konsum nicht mehr kontrollieren, das Trinken wird für sie zum alles beherrschenden Thema. Andere Lebensinhalte treten mehr und mehr in den Hintergrund. Somit bringt eine Alkoholabhängigkeit meist schwerwiegende psychische, körperliche und soziale Folgeschäden mit sich.
Erkennbar ist meist eine Verschlechterung des psychischen und körperlichen Allgemeinzustands. Betroffenen fällt es zunehmend schwer, ihren Alkoholkonsum zu kontrollieren. Um die gleiche Wirkung zu erzielen, muss zunehmend mehr Alkohol getrunken werden, Entzugserscheinungen treten auf.
Eine Alkoholabhängigkeit entsteht meist schleichend. Da Alkoholabhängige ihr Problem aus Scham – auch vor sich selbst – verleugnen, ist es für Angehörige und Freunde oft schwer, die Krankheit zu erkennen. Häufig fällt sie erst auf, wenn die psychischen, körperlichen und sozialen Folgen bereits offensichtlich werden.
Rund 70% der Deutschen trinken regelmäßig Alkohol. Davon konsumieren Statistiken zufolge rund 9,5 Millionen Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren gesundheitsgefährdend. Rund 1,61 Millionen betreiben missbräuchlichen Alkoholkonsum, etwa 1,77 Millionen sind alkoholabhängig.
Da sich junge Menschen schneller an Alkohol gewöhnen als Erwachsene, kann regelmäßiger Alkoholkonsum im Jugendalter eine Suchterkrankung im Erwachsenenalter begünstigen.
Jedoch führt ein länger anhaltender, vermehrter Alkoholkonsum nicht zwangsläufig zur Sucht. Für eine Alkoholabhängigkeit gibt es in der Regel mehrere und vielschichtige Ursachen, die ineinandergreifen. Die Suchtentstehung hängt also stark vom jeweiligen Einzelfall ab.
Häufige Ursachen sind
Um die Diagnose einer Abhängigkeit stellen zu können, definiert die ICD-10 sechs Kriterien, von denen drei innerhalb eines Jahres entweder mindestens einen Monat lang zusammen oder wiederholt zur gleichen Zeit auftreten müssen.
Wer abhängig ist, hat meist Schuld- und Schamgefühle. Betroffene versuchen deshalb, ihren Konsum zu verheimlichen. Da die Suchterkrankung sie antreibt, das eigene Trinkverhalten zu rechtfertigen, fällt eine Selbstdiagnose sehr schwer.
Neben Ärztinnen und Ärzten sind insbesondere Suchtberatungsstellen eine wichtige Anlaufstelle, um Hilfe zu finden. Zu Beginn werden im persönlichen Gespräch das Konsumverhalten und die persönlichen Lebensumstände beleuchtet. Wichtig hierbei ist das offene Gespräch, damit eine Alkoholabhängigkeit festgestellt und die passenden Hilfsmaßnahmen eingeleitet werden können. Weitere Schritte zur Diagnose einer Alkoholabhängigkeit sind Blutuntersuchungen und psychologische Fragebögen.
Sollte (noch) keine Alkoholabhängigkeit festgestellt werden, gibt es trotzdem diverse Therapie- und Hilfsangebote, um mit dem Trinken aufzuhören.
Betroffene, bei denen eine Alkoholanhängigkeit festgestellt wird, können, insofern sie motiviert sind, mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt oder mit Hilfe einer Suchtberatungsstelle weitere Schritte einleiten.
Bei der Entstehung einer Suchterkrankung greifen stets mehrere Faktoren ineinander. Somit kann auch vorbeugend etwas gegen eine Abhängigkeitserkrankung unternommen werden. Ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung und/oder der Anwendung von Entspannungsverfahren hilft, mental und körperlich fit zu bleiben und Stress entgegenzuwirken. Ebenso wichtig ist eine gezielte und professionell begleitete Aufarbeitung psychischer Probleme und Erkrankungen.
Kindern und Jugendlichen hilft ein gesundes Selbstwertgefühl dabei, verantwortungsvoll mit Alkohol umgehen zu können.
Machen Sie keinen kalten Entzug! Er ist lebensgefährlich. Manche Menschen schaffen es aus eigenem Willen, von heute auf morgen mit dem Trinken aufzuhören. Doch ein kalter Alkoholentzug kann zu epileptischen Anfällen und dem sogenannte Delirium tremens führen. Letzteres geht oft einher mit Angstzuständen, Halluzinationen, Zittern, erhöhtem Puls, Blutdruck und Atemfrequenz bis hin zum Koma und kann lebensgefährlich sein.
Ein fachlich begleiteter körperlicher Entzug ist deswegen die weit bessere Variante der Entgiftung. Hierbei wird unterschieden zwischen einer Entgiftung und einer qualifizierten Entzugsbehandlung.
Wie der Name schon sagt, geht es bei einer Entgiftung darum, der Körper vom Alkohol zu befreien. Unter ärztlicher Aufsicht findet eine Umgewöhnung des Körpers statt. Entzugserscheinungen und auftretende Komplikationen können vorübergehend mit speziellen Medikamenten gelindert werden. Je nach Stärke der Abhängigkeit kann auch die Zeit für die Entgiftung von Alkohol variieren. In der Regel dauert sie ein bis zwei Wochen.
Diese, über die körperliche Entgiftung hinausgehende, Behandlung beinhaltet zusätzlich meist psychotherapeutische und sozialtherapeutische Hilfestellung, um Betroffene für eine Weiterbehandlung zu stärken und weitere Behandlungsschritte mit ihnen einzuleiten. Sie dauert rund drei bis vier Wochen.
Nach vielen Jahren der Abhängigkeit lernen Betroffene während einer Entwöhnungsbehandlung neue Verhaltensmuster, d.h. ein „Dafür“ für das Suchtmittel zu erarbeiten und zu üben. Ziel der Entwöhnungsbehandlung ist die dauerhafte Abstinenz.
Für die Wahl der richtigen Behandlung sind die persönliche Motivation zur Veränderung, das soziale Umfeld, eine mögliche Unterstützung durch die Familie und die bestehenden Neben- und Folgeerkrankungen ausschlaggebend für die Therapie.
Eine Entwöhnungsbehandlung kann stationär in einer Fachklinik, ganztägig ambulant in einer Tagesklinik oder ambulant durch eine Suchtberatungsstelle durchgeführt werden.
Ambulante Entwöhnung in einer Suchtberatungsstelle
Suchtberatungsstellen bieten je nach Konzept Entwöhnungsbehandlungen an, die aus regelmäßig stattfindenden Therapiesitzungen (Einzel- und/oder Gruppentherapie), meist einmal pro Woche, bestehen. Die Dauer richtet sich in der Regel nach den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen.
Ganztägig ambulante Therapie in einer Tagesklinik
Eine ganztägig ambulante Therapie findet in der Regel von Montag bis Samstagmittag täglich ganztags statt. Die Abende und das Wochenende werden zuhause verbracht, d.h. die Tagesklinik muss in Wohnortnähe sein. Neben Einzel- und Gruppentherapie finden hier u.a. auch Therapiemaßnahmen wie Ergo- und Arbeitstherapie, Sport- und Bewegungstherapie sowie das Erlernen von Entspannungsverfahren statt. Als Rehabilitationsmaßnahme wird die Therapie unter ärztlicher Begleitung durchgeführt. Durchschnittlich dauert eine ganztägig ambulante Rehabilitation rund 12 Wochen.
Ambulante Entwöhnungsbehandlungen bieten sich für Betroffene an, die über eine gewisse Grundabstinenz verfügen, sprich auch zwischen den Terminen oder abends und an den Wochenenden abstinent bleiben und auf ein unterstützendes soziales Umfeld bauen können.
Stationäre Entwöhnungsbehandlung
Eine stationäre Behandlung gibt den Betroffenen die Möglichkeit, in geschützter Atmosphäre Probleme aufzuarbeiten und neues Verhalten zu erlernen. Körperliche und seelische Folge- und Begleiterkrankungen werden umfassend mitbehandelt. Der Aufenthalt in einer Fachklinik dauert in der Regel 3-5 Monate.
Das Therapieprogramm setzt sich aus medizinischen Maßnahmen, bei Bedarf Physiotherapie, Einzel- und Gruppentherapie, Sport- und Bewegungstherapie, Ergo- und Arbeitstherapie, sowie Entspannungsverfahren und weiterführenden Gruppenangeboten zusammen.
Die meisten Fachkliniken bieten auch Auffang- und Rückfallbehandlungen an (in der Regel 8 Wochen), ebenso eine sog. Kombitherapie, bei der Betroffenen in dafür zugelassenen Suchtberatungsstellen vorher und im Anschluss therapeutisch betreut werden. Der stationäre Aufenthalt wird auf 8 Wochen verkürzt.
Erste Hilfe finden Betroffene in den Suchtberatungsstellen, die je nach Einzelfall über passende Angebote beraten und zusammen mit den Betroffenen die richtige Therapie, in der Regel beim Rentenversicherungsträger, beantragen.
Eine Alkoholabhängigkeit besteht lebensbegleitend, daher spricht man auch vom „trockenen Alkoholiker“.
Bestehen Krankheitseinsicht und Therapiebereitschaft stehen die Chancen, zufrieden abstinent zu leben, gut. Viele Betroffene erleiden mehrmals Rückfälle. Hier ist es wichtig, möglichst schnell erneut therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
In Deutschland besteht bei Bedarf nach der Entwöhnung die Möglichkeit zu einer Nachsorgebehandlung durch eine Beratungsstelle.
Es hat sich für die meisten Betroffenen als sehr hilfreich erwiesen, einmal wöchentlich eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen und sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.
Je nach Dauer einer Menge des Konsums und dem persönlichen Zustand jedes einzelnen Betroffenen kann eine Alkoholabhängigkeit zu schweren Folgeerkrankungen an Leber, Gehirn, Bauchspeicheldrüse, Magen und Darm, des Herz-Kreislauf-Systems, zu psychischen Erkrankungen wie Depression, Suizidalität und zu schweren sozialen Folgen wie dem Verlust der Familie, des Freundeskreises und des Arbeitsplatzes führen.
Statistiken zufolge verkürzt eine Alkoholabhängigkeit die Lebensdauer im Vergleich zu nicht trinkenden Personen um durchschnittlich 10-15 Jahre.